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Buchtipps von Rosemarie Lux

Ein kleines, dünnes Buch, aber sehr intensiv.  In der Coronazeit ziehen zwei Paare und fünf Kinder, zwischen drei und neun Jahren, von der Stadt in den Wald. Das ist kein Urlaub, sondern dauerhaft. Das blaue Haus in einem Tal in Kanada, wird ihr neues, enges Zuhause. Alle lernen die Kraft und Schönheit der Natur kennen. Es geht ständig rund; fünf Kinder lernen die Sprache der Wildnis, erleben wunderbare und traurige Ereignisse, lernen über Leben und Tod.

Ein raffiniert komponierter Roman aus den Niederlanden. Drei Personen, Mari, Tarik und Ahmad beschreiben ihr Leben, in dem sie nicht so recht weiter wissen. Ahmad ist vor dem Krieg in seiner Heimat in die Niederlande geflohen. Mari wollte ihn beschützen und lieben, ist aber gescheitert und reist als Archäologin nach Syrien. Dort lernt sie den ehemaligen Soldaten Tarik kennen, der sich in das abgelegene Grenzgebiet zurückgezogen hat. Drei Leben auf fatale Weise miteinander verflochten, psychologisch beschrieben, tiefgehend und berührend.  

Ein Pageturner! 500 Seiten lesen sich schnell weg. Die Frau kann schreiben! Im neuen Buch der Booker-Preisträgerin Eleanor Catton prallen Welten aufeinander. Eine Guerilla-Gardening-Gruppe und ein mysteriöser, charismatischer Milliardär ohne Moral. Nach und nach kommt heraus, dass der Milliardär sich einen gigantischen Bunker bauen will, in Wirklichkeit aber ganz andere Interessen dahinter stecken. Die ganze Situation spitzt sich immer mehr zu bis zum gnadenlosen Ende… Extrem spannend.

Achtung: dieses Buch ist kein Orchideen- Ratgeber - und ich bin eigentlich kein Orchideen-Fan. Aber dieses Buch ist großartig! Noemi Harnickell hat ein leicht zu lesendes, äußerst spannendes „erzählendes“ Sachbuch, eine Kulturgeschichte über diese faszinierende Pflanzenart geschrieben. Für ihre Recherche war sie in botanischen Gärten, bei einem Sammler, bei einem Duftforscher und einem Eisproduzenten; sie war bei der Kriminalpolizei, auf Orchideenwanderungen, im Orchideenlabor und im Orchideenverein;

Die 16-jährige Salomé, aus Kamerun stammend, hat eine ungemeine Wut in sich. Sie wächst in einem rassistischen Umfeld in der niederländischen Provinz auf und manövriert sich immer weiter an den Rand der Gesellschaft. Salomé kann ihre Wut nicht kontrollieren und kommt schließlich nach einer Gewalttat in eine Jugendstrafanstalt. Dort muss sie sich zum ersten Mal mit sich selbst auseinandersetzen. Simone Atangana Bekono hat mit ihrem Debut-Roman ein Buch geschrieben, das unter die Haut geht.

Irre, was für eine Story, unglaublich spannend: Zehn ausgewählte Personen nehmen am Betatest von FUSION, Partner der CIA, teil. Wer es schafft, 30 Tage lang unterzutauchen, bekommt 3 Mio Dollar. Eine junge Bibliothekarin aus Boston versucht es - ihr bleibt keine Wahl, denn eigentlich geht es ihr um etwas ganz anderes. Ein Räuber- und Gendarm-Spiel beginnt. Es geht um Recht und Unrecht, Freiheit des Einzelnen kontra Sicherheit des Ganzen. Erschreckend, wie weitreichend Überwachungsmechanismen

Ein Bilderbuch mal ganz anders: Statt von links nach rechts zu blättern, blättert man von oben nach unten, anstelle von Seitenzahlen gibt es Tiefenangaben - und je tiefer wir ins Meer eintauchen, desto dunkler wird das Buch. Man taucht mit diesem Buch hinab in die Tiefen und erfährt viel über die Lebewesen des Meeres: Pinguine, Riesenkraken, Blauwale, Haie, Schildkröten, Seeteufel, winzige Mikroorganismen und bizarre Tiefseefische. Der sehr lebendig geschriebene Text ist gut geeignet für Kinder ab 8 Jahren - aber auch für Erwachsene ein wunderbares Buch.

Maria und Therese waren die Urtanten der Autorin aus der Mühlwehrstrasse in Bad Mergentheim.; dann gibt es auch noch die schwäbischen Urtanten aus Stuttgart. Hauptsächlich beschreibt Nicola Denis allerdings ihre vier Tanten, die ihre Jugend zwischen den zwei Weltkriegen hatten und in den 80er Jahren gestorben sind. Alle vier waren ihrer Zeit weit voraus: das vorgegebene Rollenmuster der Nachkriegszeit war ihnen zu eng. Marianne, die Nervenärztin, Hanne, chemisch-technische Assistentin, Irene, die Apothekerin und Hilde bildeten das eng verbundene Schwestern-Quartett.

Mutter Antonia hält die Familie zusammen: die kleinen Zwillinge, den älteren anarchistischen Bruder und Gaia, für die Bildung der Ausweg aus der Armut werden soll. Nach einem Arbeitsunfall sitzt der Vater im Rollstuhl und die Familie schafft es, eine Sozialwohnung zu beziehen. Konfrontiert mit Herabsetzungen, Leistungsdruck und Orientierungslosigkeit verwandelt sich Gaias stumme Verletzlichkeit in maßlose Wut, die sie zunehmend Grenzen überschreiten lässt.

Der im Taubertal aufgewachsene und bekannte Poetry Slamer Christian Ritter erzählt mit satirischer Pointiertheit und viel Selbstironie seine hochkomischen Urlaubsgeschichten aus aller Welt. Als Teil eines deutsch-italienischen Haushalts macht er sich nur allzu gern selbst zur Zielscheibe des Spotts: „Mi chiamo Christian - sono tedesco - vino bianco - Grazie - mit diesem als meinen kompletten Wortschatz im Gepäck verbrachte ich ein Skiwochenende in den italienischen Alpen“. In ernsten Zeiten wie heute darf man den Humor nicht verlieren - da hilft auch gerne entsprechende Lektüre